Blog

Holzstöcke und Stoffwulst

Stützen zur Konstruktion eines Dreibeins für eine Feuerstelle? Krücken für den Fall einer Invalidität? Oder vielleicht schlichtweg Brennholz? Worum mag es sich bei den mit solidem Seil am Tornister befestigen Holzstöcken wohl handeln? Und wozu bloss die aufgeschnürte weisse «Wulst»?

Liegengelassen
Aus Schwäche und Erleichterung fallengelassen, liegen und stehen sie überall herum im Bourbaki Panorama: Neben Holzstöcken finden sich auch Tornister, Trinkflaschen, Gamaschen, Gamellen, Mäntel, Musikinstrumente, Mützen, Stiefel, Taschen und Schuhe und weiter Ausrüstungsgegenstände der erschöpften internierten Soldaten. Tatsächlich war die Bourbaki-Armee aufs Äusserste geschwächt: Von Gesamtbestand der französischen Ost-Armee blieb nach der Schlacht von Sedan, der Belagerung von Metz und vieler Kriegsgefangenschaften nur noch ein Bruchteil der Truppen einsatzbereit. Innerhalb dreier Monate wurden 600'000 neue Soldaten rekrutiert. Ihnen mangelte sowohl an einer soliden Ausbildung wie an tauglicher Ausrüstung. Für die schnellstens aufgebotenen Männer – mitunter viele Jugendliche – war der winterliche Kriegseinsatz äusserst herausfordernd und eine grosse Demütigung.

Eingekleidet
Mit der Einführung des gewaltstarken «Chassepot», einem «Hinterlader-Gewehr» mit um das Doppelte erhöhter Schussreichweite, wurde um 1867 auch die Ausrüstung der französischen Armee stark reformiert. Das Erscheinungsbild der Soldaten um 1871 entsprach grundsätzlich diesen Reformen. Die übliche Uniform bestand aus der charakteristischen krapproten Hose und dem graubläulichen Mantel, darunter eine mit neun Messingknöpfen zusammengehaltene Weste und ein Hemd. Sämtliche Stücke waren aus wollenem Tuch gefertigt. Die Gamaschen bestanden aus Kuhleder oder gewobener Leine und waren derart geschnitten, dass sie entweder unter der Hose getragen oder diese in die Gamaschen gesteckt werden konnten. Sollte die Schuhe offiziell über eine mit zwei Reihen Nägeln befestigte Holzsohle verfügen, fanden sich unter den Bourbaki-Soldaten auch solche mit durchgetretener Kartonsohle. Unverkennbar leuchtet auf dem Kopf das Képi, die rote Mütze.

Ausgerüstet
Der vormals aus gelbbraunem Kuhfell gefertigte Tornister wurde ab 1868 offiziell aus geschwärztem und optimalerweise imprägniertem Leinengewebe hergestellt. Lederriemen dienten der Fixierung von Mantel und der sich um den Tornister schlingenden «Wulst» aus Textil. Am Gurt, dem «Leibkoppel», befestigte Riemen hielte den Tornister möglichst nah am Körper. An ihm waren zudem zwei Taschen mit Munitionsutensilien und der Bajonetthalter angebracht. Eine Trinkflasche und der weisse Brotbeutel, das «Etui-musette», hingen um den Oberkörper. Die Kochutensilien wurden unter den Soldaten aufgeteilt. Und was ist nun die «Wulst» und wozu die Stöcke? Haben Sie es inzwischen erraten? Ja, genau: Sie dienen der Konstruktion eines Zelts.

Tornister eines Infanterie-Soldaten der Bourbaki-Armee, um 1871. 310 x 360 x 115 mm. Faux-Terrain Bourbaki Panorama Luzern (Detailansicht)
Tornister eines Infanterie-Soldaten der Bourbaki-Armee, um 1871. 310 x 360 x 115 mm. Faux-Terrain Bourbaki Panorama Luzern (Detailansicht)
Im Bourbaki Panorama ist die Ausrüstung der französischen Soldaten mit Tornister, Leibkoppel, Étui-Musette (Brotbeutel), Trinkflache, Gamaschen, Küchenutensilien und Musikinstrumenten.
Im Bourbaki Panorama ist die Ausrüstung der französischen Soldaten mit Tornister, Leibkoppel, Étui-Musette (Brotbeutel), Trinkflache, Gamaschen, Küchenutensilien und Musikinstrumenten.
Detailzeichnung des Tornisters aus dem Dekret von 1867. Quelle: 2empire.de
Detailzeichnung des Tornisters aus dem Dekret von 1867. Quelle: 2empire.de
Zurück zur Übersicht